Unser Raumkonzept
Das Raumkonzept nach Prof. Mahlke
Zusammenfassung aus:
„Der evangelische Kindergarten - Lebensraum für Kinder“ Tagungsbericht 1997
Was bedeuten Räume für Kinder?
Kinder spielen am liebsten an Orten, die unvollkommen und nicht perfekt eingerichtet sind. Daher soll bei uns das ganze Kindergartengebäude und Gelände den Kindern dienen, von Keller, Treppe, Abstellraum, Gruppe, Flur, Küche, Büro, Hecke bis zum Geräteschuppen. Die Kinder sind Mittelpunkt der Raumplanung, denn die Räume sind von den Bedürfnissen der Kinder aus geplant und gestaltet:
- Mit Puppen spielen
- Zeichnen und Malen
- Bauen und Konstruieren
- Singen und Musizieren
- Lesen und Betrachten
- Experimentieren
- Essen und Trinken
- Mahlzeiten zubereiten und Kochen
- Allein, zu zweit, in kleinen Gruppen oder mit Erwachsenen spielen
- Betätigung mit unterschiedlichem Material: Ton, Holz, Papier, textile Stoffe
- Tiere und Pflanzen beobachten, betreuen
- Verkleiden, Rollen-, Theater-, Puppenspiel
Wohlbefinden und Geborgenheit als Voraussetzung
Wohlbefinden und Geborgenheit sind Voraussetzung für die positive Gesamtentwicklung eines Kindes. Darum begleiten wir es im Übergang von kleinen in immer größere Räume. Das Kind knüpft zuerst Einzelkontakte, erlebt allmählich die Kleingruppe und integriert sich dann in die Gesamtgruppe. Da die Gruppenbildung meist um einer Tätigkeit willen erfolgt, bieten wir viele unterschiedliche und reizvolle Räume für Tätigkeiten an.
- Die kleinen Räume beeinflussen auch die Intensität des Spielens. Je intensiver das Spielen ist, desto größer kann der Sensibilisierungs- und Lerneffekt werden.
- Alle Betätigungen im Kindergarten zielen auf Originalität und Selbständigkeit.
- Die Erzieherinnen haben keine Angst vor Kontrollverlust, obwohl sie die Kinder in den Einbauten nicht immer im Blick haben.
Die Schönheit der Dinge
Die Einflüsse aus der Umwelt bilden unsere innere Welt. Darum haben Räume, Möbel und Gegenstände, sowie ihre Gestaltung und Qualität, für unsere Sinneswahrnehmung eine große Bedeutung. Vom Anschauen und Anfassen eines Gegenstandes her wird dessen Qualität und Schönheit ermessen. Das Erfassen der Schönheit der Dinge verlangt nach weiterer Harmonie. Wer Freude an der Ordnung der Dinge hat, fördert ihre Ordnung. Daraus entsteht das Bedürfnis, gestaltend eine eigene Ordnung zu schaffen. Der Kindergartenalltag soll mit Schönheit durchdrungen sein (alte Möbel, Stühle, Schränke, Klavier, Bilderrahmen, Porzellan, hochwertiges Spielzeug, wenig Plastik…). Das Kind soll sich in unseren Räumen sicher fühlen und haptische Qualtäten positiv erfahren, z.B. durch runde Steine, runde Holzpfosten, abgerundete Türklinken, etc.
Raumstrukturen
Das Erleben unterschiedlicher Raumhöhen und Distanzen ermöglicht spannungsreiche Raumerfahrungen und fördert Lebendigkeit:
- Offenheit und Enge durch Klein- und Großräumigkeit
- Verschiedenheit der Räume in Form, Größe, Höhe, Lage, …
- Erleben von Gegensätzen wie nah - fern, oben - unten, warm - kalt
- unterschiedliche Lichtverhältnisse und ausgeglichene Farbigkeit
- materielle Beschränkung und handwerklicher Durchschaubarkeit
- natürlich- lebendige Strukturen im Holz
- Betonung des Ganzheitlichen durch Zusammenhänge und Verbindungen
Die Unterschiedlichkeit im Raum fordert Kinder heraus, Entscheidungen zu treffen:
- Will ich spielen oder beobachten?
- Spiele ich allein, mit einem Freund oder mit einer kleinen Gruppe von Kindern?
- Was will ich tun und wo will ich es tun?
Gliederung des Gruppenraumes
- für kleine Gruppen: Bau-, Puppen-, Kaufladenspiele, Essen und Kochen, Malen
und Basteln, Experimentieren, Rollen- und Verkleidungsspiele,
Beschäftigungsspiele am Tisch, Rückzug in Höhlen
- für Einzelne: Rückzug, Geborgenheit, künstlerisches Gestalten, Betrachten,
Lesen, Pflege von Blumen, Gespräche und besondere
Zuwendung der Erzieherin
- für die ganze Gruppe: Sitzen, Feiern, Tanzen, Bewegungsspiele
- für die Erzieherin: Tisch und Stuhl in Erwachsenenhöhe, Regale und Stauraum
- zum Kochen / Essen: Küchenzeile in Kinder- und Erwachsenenhöhe , Esstisch mit
Bänken und Stühlen
Werkstoffe für die Innengestaltung
In unserm Kindergarten wurden hauptsächlich natürliche Werkstoffe verwendet.
- Fußböden aus echtem Holzparkett, Linoleum, Naturteppich und Steinfließe.
- verputzte Decken sowie Holz- und Balkendecken
- verputzte Wände (keine Tapeten), Holzverkleidung ohne Schattenfugen
- Decken, Wände, Treppen und Leitern in gleicher Holzart wie die Einbauten
- Wo Kinder an Balken, Decken, Ecken, Wandverkleidungen mit Holz in Berührung kommen, ist dieses fein geschmirgelt, die Ecken gerundet
Eingänge, Flure, Verkehrsflächen
Unsere langen Flure sind gekürzt, abgewinkelt und durch Raumteiler, Regale, Bänke und große Pflanzen unterbrochen. Dadurch sind Sitz- und Spielnischen geschaffen worden, in denen Kinder spielen oder Erwachsene sich begegnen. Die Flure wirken durch die Beleuchtung von den Wänden aus - statt von den Decken - niedriger und wohnlicher.
Licht und Schatten
In der Natur herrscht eine große Lichtvarianz in vielen Abstufungen: gleißendes Licht, wolkige Regentage, offenes Feuer, Dunkelheit. Je mehr dem Raum die Natur fehlt, desto mehr muss auf die Größe und Gliederung der Fenster und die Differenzierung und Platzierung des Kunstlichtes eingegangen werden.
- Fenster sind die Augen des Hauses. Sie sollten frei und offen sein und jederzeit den Blick nach draußen in die Natur ermöglichen.
- Die Fenster sollen den Raum nicht bis in die hinterste Ecke ausleuchten.
- Unsere Fenster beziehen sich auf die Kinder, sie sind durch Sprossen unterteilt, es gibt Fenster zwischen den Räumen und kleine Fenster in den Einbauten.
- Die Ocker- und Goldgelbtöne unserer Buntglasfenster aus farbigem Echtantikglas nehmen Bezug auf den Farbton des Holzes und steigern ihn - Blau als kalte Gegenfarbe. Die bunten Fenster malen auf Wände und Böden Farben und Reflexe, die sich wie Schatten verändern und schirmen gleichzeitig zu große Helligkeit ab. Die Fenster werten unsere Räume auf, indem sie Staunen fördern und Tätigkeit anregen.
- Die Kinder können bei uns das Licht nach Bedarf selbst regulieren, indem sie die Schalter in den Einbauten, Gardinen, Vorhänge, Schiebeläden und Rollläden selbst bedienen.
Farbharmonie
Die Farbgestaltung in unseren Räumen ist einladend, sie betont Sicherheit und Geborgenheit. Der weißen Wandfarbe ist die Schärfe durch Abtönung mit Umbra genommen. Es wird auf Buntheit verzichtet zugunsten der Pädagogik.
In unseren Räumen sind bewusst helle und dunklere Bereiche geschaffen, die zur Aktivität anregen oder der Besinnlichkeit und dem Rückzug dienen. Kinder sollen bei uns in Eigentätigkeit eine Vielzahl von Farben kennenlernen, mit Farben gestalten und experimentieren, z.B. mit Finger-, Wasser-, Acryl-, und Aquarellfarbe.
Bewegung und Akustik
Da jeder akustisch wahrnehmbarer Ton durch Bewegung zustande kommt, kann auch die akustische Überreizung im Kindergarten nur durch die Reduzierung von Bewegung minimiert werden. In unserer Einrichtung sind Bedingungen geschaffen worden, die differenziertes Hören und so auch die Schulung des Gehörs ermöglichen.
Gestalterische Mittel zur Schalldämpfung:
- Teppichboden in Raumbereichen, wo Konzentration, Rückzug, Ausruhen oder auch Rollenspiele stattfinden sollen
- Zwischenwände und Raumteiler, die bis zur Decke reichen
- Raumteiler, Begrenzungen, Raumtextilien, die Schall schlucken
- Nischen und Höhlen, die Lautstärke abschwächen
- räumliche Verhältnisse, die Hyperaktivität und Lautstärke umtriebiger Kinder dämpfen
- Kleine gegliederte Räume, die Kinder beruhigen und ihnen Sicherheit vermitteln
- Genug Raum für alle, um unnötige Konflikte aus Berührungsängsten zu vermeiden
- Verhaltenes Licht, das beruhigt, Farbigkeit statt Buntheit